Du bist Freiberufler:in oder Einzelunternehmer:in eines kleineren Betriebes und kein Fan von der komplexen Methode der Bilanzierung? In diesem Beitrag erfährst du alles Wichtige rund um die Gewinnermittlung und steuerlichen Aspekte bei der Einnahmenüberschussrechnung (EÜR).
Erklärung in Kurzform: So erstellst du eine Einnahmenüberschussrechnung (EÜR)
Die EÜR ist kein Hexenwerk. Aus den Einnahmen und Ausgaben ergibt sich der Gewinn deines Unternehmens. In den allermeisten Fällen muss die Gewinnermittlung elektronisch erfolgen. Dazu nutzt du die Anlage EÜR bei der Steuererklärung.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine Einnahmenüberschussrechnung?
- Wer kann eine Einnahmenüberschussrechnung abgeben?
- Wie führe ich eine Einnahmenüberschussrechnung durch?
- Aufbau einer Einnahmenüberschussrechnung
- Zu- und Abflussprinzip
- Was sind die Vorteile der Anlage EÜR?
- Wann muss ich von der Anlage EÜR zur Bilanzierung wechseln?
Was ist eine Einnahmenüberschussrechnung?
Nach § 238 HGB (Handelsgesetzbuch) ist jede:r Selbstständige dazu verpflichtet, die geschäftlichen Aktivitäten plausibel darzulegen. Je nach Unternehmensform (Gewerbe, Selbstständigkeit) und generierten Umsätzen bzw. Gewinnen sind die einen dabei zur doppelten Buchführung (Bilanzierung) verpflichtet, die anderen haben die Möglichkeit, ihren Gewinn mittels Einnahmenüberschussrechnung zu bestimmen.
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Die Abkürzung EÜR steht dabei für den Begriff der Einnahmenüberschussrechnung, die manchmal auch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung genannt wird. Dabei handelt es sich um eine vereinfachte, gesetzlich vorgegebene Methode der Gewinnermittlung, die in manchen Fällen als Alternative zur Bilanz bzw. der GuV (Gewinn- und Verlustrechnung) herangezogen werden kann.
Wer kann eine Einnahmenüberschussrechnung abgeben?
Genutzt werden darf diese Methode von Freiberufler:innen, Unternehmen sowie Gewerbetreibenden, deren Umsatz sich innerhalb eines Wirtschaftsjahres nicht über 600.000€ beläuft. Der Gewinn darf 60.000€ nicht übersteigen. Rechtsgrundlage ist § 4 Abs. 3 EStG (Einkommensteuergesetz). Wie die Gewinnermittlung via Einnahmenüberschussrechnung konrekt erfolgen muss, ist in den Paragraphen §§ 140 ff. AO (Abgabenordnung) festgelegt.
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Wie führe ich eine Einnahmenüberschussrechnung durch?
Bei der EÜR als Methode zur Ermittlung der Gewinne ist keine komplizierte Formel nötig. Es findet lediglich ein Vergleich zwischen den Betriebseinnahmen und den Betriebsausgaben aus dem Kalenderjahr statt. Die Differenz ergibt den Gewinn des Unternehmens. In der Steuererklärung füllst du dafür einfach die Anlage EÜR aus.
Hinweis: Inzwischen muss jeder, der die EÜR zur Gewinnermittlung nutzen möchte, das amtliche Formular mit der Bezeichnung „Anlage EÜR“ ausfüllen. Vor dem Steuerjahr 2017 war es für Unternehmer:innen, deren Betriebseinnahmen in einem Geschäftsjahr höher als 17.500 Euro ausfielen, nicht notwendig. Eine formlose Einnahmenüberschussrechnung war ausreichend. Diese Vereinfachungsregelung existiert nun jedoch nicht mehr und das standardisierte Formular muss elektronisch an die Finanzverwaltung übermittelt werden.
Der amtliche Vordruck hat seine Vorteile: Zum einen hat man durch die genaue Aufteilung der Betriebsausgaben einen guten Überblick darüber, warum die Abschlüsse sind wie sie sind, warum bspw. der Gewinn niedriger ausgefallen ist oder aus welchem Grund es zu Verlusten kam. Zum anderen kommt es auf diese Weise nur selten zu Rückfragen des Finanzamts. Wichtig ist nur, die Daten nachvollziehbar anzugeben und sie ggf. mit denen anderer Betriebe zu vergleichen, um starke Abweichungen zu vermeiden.
Muss die Anlage EÜR elektronisch übermittelt werden?
Die Anlage EÜR kann nur in seltenen Fällen nicht elektronisch an das Finanzamt übermittelt werden.
Grundsätzlich gilt seit 2017, dass die Einnahmenüberschussrechnung elektronisch (mithilfe einer passenden Steuersoftware) an das Finanzamt übermittelt werden muss. Sollte dies jedoch eine Schwierigkeit darstellen, besteht weiterhin die Möglichkeit, beim Finanzamt einen Härtefallantrag zu stellen. Um "unbillige Härten" zu vermeiden, kann das Finanzamt dann gestatten, den amtlich vorgeschriebenen Vordruck in Papierform einzureichen (§ 25 Abs. 4 Satz 2 EStG; § 13a Abs. 3 EStG; § 18 Abs. 3 Satz 3 UStG; § 14a Satz 2 GewStG). Zudem wird vom Finanzamt auf eine elektronische Datenübermittlung verzichtet, wenn diese für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich nicht möglich ist (§ 150 Abs. 8 AO).
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Wann muss die EÜR nicht elektronisch übermittelt werden?
Nur in Ausnahmefällen dürfen Papierformulare für die Steuererklärung genutzt werden. Entsprechend muss auch die Anlage EÜR grundsätzlich elektronisch an das Finanzamt übermittelt werden. Die Härtefallregelung greift nur dann, wenn:
- der oder die Steuerpflichtige nicht über die notwendige technische Ausstattung verfügt
- für die Beschaffung der erforderlichen Geräte bzw. die Möglichkeit der Datenübertragung ein erheblicher finanzieller Aufwand nötig wäre
- der oder die Steuerpflichtige aufgrund mangelnder Fähigkeiten und Kenntnisse nicht oder nur eingeschränkt dazu in der Lage wäre, die Anlage EÜR elektronisch zu übermitteln
Zudem gilt es zu beachten, dass der Härtefallantrag jedes Jahr neu gestellt werden muss. Das geht aus einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. Juni 2020 hervor (VIII R 29/17).
Aufbau einer Einnahmenüberschussrechnung
Die Einnahmenüberschussrechnung setzt sich aus mehreren Anlagen zusammen, die 2005 vom Bundesfinanzministerium veröffentlicht wurden. Einige Anlagen sind dabei nur von Personengesellschaften auszufüllen. Was welche Anlage beinhaltet und ob du sie bearbeiten musst oder nicht, haben wir dir im Folgenden einmal aufgelistet.
Bestandteil | Inhalt | Zu bearbeiten von |
Anlage EÜR | Hauptteil der Einnahmenüberschussrechnung | allen |
Anlage AVEÜR | Übersicht deines Umlauf- und Anlagenvermögens | allen |
Anlage ER | Ergänzungsrechnung im Falle von Wertkorrekturen (z.B. bei individuellen Anschaffungskosten einzelner Gesellschafter:innen oder bei Steuervergünstigungen). | Personengesellschaften |
Anlage SE | Berechnung für Sonderbetriebsausgaben und -einnahmen | Personengesellschaften |
Anlage AVSE | Anlagenverzeichnis zur Anlage SE | Personengesellschaften |
Zu- und Abflussprinzip
Bei der Gewinnermittlung gilt das Zu- und Abflussprinzip. Rechtsgrundlage hierfür ist §11 EstG. Dabei ist nicht der Tag der Rechnungsstellung, sondern der tatsächliche Zeitpunkt eines Zahlungsein- bzw. -abgangs entscheidend.
Hierzu das folgende Beispiel:
Eine Kundin oder ein Kunde bestellt über deinen Onlineshop im Dezember einen Artikel. Der oder die Bestellerin erhält dementsprechend noch im selben Monat eine Rechnung. Die Zahlung des fälligen Betrages geht jedoch erst im Januar auf deinem Konto ein. Ist das der Fall, muss die Einnahme nicht mehr für die Steuererklärung des abgelaufenen Jahres berücksichtigt werden.
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Allerdings gibt es beim Zu- und Abflussprinzip auch zwei Ausnahmen, die es zu beachten gilt:
- Beim Kauf von Betriebsmitteln für das Anlagevermögen beginnt die Abschreibung im Jahr der erstmaligen Verwendung. Dabei spielt der Zeitpunkt der Zahlung keine Rolle.
- Die zweite Ausnahme betrifft regelmäßig wiederkehrende Zahlungen, wie Miete oder Zinsen, die zum Jahreswechsel fällig werden. Zahlungen zwischen dem 22. Dezember und dem 10. Januar werden dem Jahr zugerechnet, in das sie wirtschaftlich gehören. Beispiel: Wenn du deine Dezembermiete erst Anfang Januar an deinen Vermieter überweist, zählt sie wirtschaftlich dennoch zu den Ausgaben des Vorjahres.
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Was sind die Vorteile der Anlage EÜR?
Gegenüber der Bilanzierung hat die Anlage EÜR einige Vorteile:
- Als erstes ist zu erwähnen, dass die Erstellung einer Bilanz deutlich komplexer und aufwendiger ist als die Anlage EÜR. Aus diesem Grund kann die Anlage EÜR häufig ohne Steuerberater:in erstellt werden. Eine verlässliche Steuersoftware wird jedoch benötigt.
- Bei der Anlage EÜR ist die Ermittlung des Gewinns einfacher als bei der Bilanzierung. Es werden einfach die zugeflossenen Betriebseinnahmen von den abgeflossenen Betriebsausgaben eines Jahres abgezogen.
- Sowohl bei der Gewinnermittlungsmethode der Bilanzierung als auch bei der Einnahmenüberschussrechnung müssen die Daten elektronisch an das Finanzamt übermittelt werden. Allerdings handelt es sich bei der Anlage EÜR nur um das amtliche Formular, wohingegen die Bilanz elektronisch erstellt und in einem bestimmten Format versendet werden muss.
Neben den Vorteilen der Anlage EÜR gegenüber der Bilanz, gibt es jedoch auch gewisse Nachteile:
- Bei der Kreditvergabe legen Banken Wert darauf, eine inhaltsreiche Bilanz zu erhalten. Die Einnahmenüberschussrechnung reicht also nicht aus.
- Zudem ist es bei der Anlage EÜR aufgrund des Zu- und Abflussprinzips nicht möglich, zukünftige Risiken vom Gewinn abzuziehen. Bei der Bilanzierung hingegen kann dies unter den „Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten“ erfasst werden.
Wann muss ich von der Einnahmenüberschussrechnung zur Bilanzierung wechseln?
Wir sind bereits darauf eingegangen, wer die Möglichkeit hat, seinen Gewinn mittels der Anlage EÜR zu ermitteln. Im Umkehrschuss dazu, müssen Gewerbebetreibende dann zur Methode der Bilanzierung wechseln, wenn entweder ihr Umsatz die vorgegebenen 600.000 € oder ihr Gewinn die 60.000 € übersteigt.
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Von der EÜR ausgeschlossen sind auch Unternehmen, die zur doppelten Buchführung verpflichtet sind. Zu diesen zählen Einzelunternehmen, deren Umsatz oder Gewinn die vorhergehenden Zahlen übersteigt sowie Personen- und Kapitalgesellschaften, wie bspw. GmbH, AG oder UG, um nur einige zu nennen.
Der Wechsel hin zur Bilanzierung wird für Gewerbetreibende, welche die Umsatz- oder Gewinnobergrenze überschreiten, jedoch erst dann verpflichtend, wenn sie vom Finanzamt dazu aufgefordert werden.
Darüber hinaus gibt es noch einen zweiten Grund, warum von der EÜR zur Bilanzierung gewechselt werden muss. Und zwar ist dies dann der Fall, wenn ein Betrieb aufgegeben oder veräußert werden soll. Betroffen davon sind sowohl Gewerbetreibende als auch Unternehmen mit nichtgewerblichen Einkünften, wie bspw. Freiberufler:innen.
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Häufig gestellte Fragen zur Anlage EÜR
Was bedeutet Anlage EÜR bei der Steuererklärung?
Wer darf die Anlage EÜR verwenden?
Wie funktioniert die Anlage EÜR?
Welche Vor- und Nachteile hat die Anlage EÜR gegenüber der doppelten Buchführung?
Allerdings birgt die Einnahmenüberschussrechnung auch ihre Nachteile. Zum einen vergeben Banken keine Kredite, wenn nur die Anlage EÜR statt einer umfangreichen Bilanz vorliegt. Zum anderen ist es mit dieser Gewinnermittlungsmethode nicht möglich, zukünftige Risiken vom Gewinn abzuziehen.
Was gehört alles in die Einnahmenüberschussrechnung?
Zu den Betriebseinnahmen zählen:
Die Betriebsausgaben setzen sich wie folgt zusammen: