“Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps” - diese Redewendung gilt definitiv nicht für die beiden Tastillery-Gründer Andreas und Waldemar Wegelin aus Hamburg. Mit ihren Tasting-Boxen gehören sie zu den Die Höhle der Löwen-Start-ups, die in Erinnerung bleiben. Als Quereinsteiger sind die beiden zu Spirituosenexperten geworden und verkaufen auf ihrem Shopify Shop neben den begehrten Boxen auch Spirituosen in Originalgrößen aus aller Welt.
Mit klarem und wohl überlegtem Design sind die Probiersets von Tastillery zum Kassenschlager geworden und bringen außergewöhnliche Spirituosen zu End- und B2B-Kunden.
Was ihnen bei Produkten und dem Onlineshop wichtig ist, wie sie ihre Zeit bei Die Höhle der Löwen heute sehen und warum ein Unternehmen der Otto-Gruppe vielleicht bald wichtig für Tastillery wird, haben uns die Gründer im Interview verraten.
Bei der Erstellung des Shops fragten wir uns ‘Wie würde Apple ein Gin-Tasting vertreiben?’.
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Wie kamt ihr auf die Idee zu Tastillery?
Waldemar: Alle guten Ideen fangen am Pool an! Wir sind Cousins und wollten schon seit mehreren Jahren zusammen ein Unternehmen gründen. Uns hat jedoch immer die Idee gefehlt. Ich hatte genug von meinem Job im Marketing und der Werbung und Andreas war fertig mit seinem Entrepreneurship-Studium. Deswegen beschäftigten wir uns mehrere Monate intensiv mit verschiedenen Geschäftsideen – von Apps bis hin zum Marktplatz für 3D-Modelle war alles dabei. Eines Tages saßen wir am Pool und brauchten eine Pause von der Suche nach Ideen. Um den Kopf frei zu bekommen, suchten wir damals nach Gin-Tastings und nahmen auch an einem teil. Das war leider wirklich langweilig und überhaupt nicht so cool, wie gedacht!
Der Onlineshop von Tastillery - der perfekte Webauftritt!
Da wir damals noch keine Business-Idee hatten, wollten wir selbst ein Gin-Tastings auf die Beine stellen. Nach der ersten Kalkulation merkten wir jedoch, dass am Ende kaum Geld übrigbleiben würde. Die wichtigste Frage, die wir uns dann stellen: ‘Wie funktioniert ein Gin-Tasting, wenn wir nicht dabei sind?’.
Das war der Anstoß für unsere Idee - ein Gin-Tasting in Boxen. Unser Business sollte außerdem etwas sein, das wir die nächsten 10, 15 oder 30 Jahre wirklich mit Spaß und Leidenschaft machen werden.
Angefangen haben wir mit den Probier-Boxen, jetzt wollen wir die Destination in Europa sein, wenn es um gute Spirituosen geht.
Wir wollen Menschen zum besseren Trinken inspirieren.
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Wie war eure Timeline - von der Idee am Pool bis zum eigenen Shop?
Andreas: Die Idee hatten wir als erstes Hirngespinst im September 2015. Zwei Monate später mieteten wir uns von einem befreundeten Start-up als erstes Büro einen leeren Raum und stellten nur zwei Tische und ein paar Stühlen rein. Im Januar 2016 haben wir gegründet und sind im Oktober des Jahres mit den ersten fertigen Produkten online gegangen.
Waldemar: Die ersten sechs Monate arbeiteten wir an der Marke, der Vision und der Strategie. Wir wollten das Produkt nicht sofort rausbringen, sondern uns intensiv mit dem Design und der Positionierung befassen. Unser Produkt sollte richtig gut werden und andere begeistern.
Den Shop haben wir dann in gerade einmal zwei Tagen aufgesetzt.
Wir haben uns zwei Monate lang intensiv mit Agenturen, Programmierern und E-Commerce-Leuten unterhalten und alle E-Commerce-Lösungen beleuchtet - ob Magento, WordPress, Shopify oder Woocommerce.
Andreas: Die Produkte waren schon fertig. Nach diesen zwei, drei Monaten wollten wir endlich verkaufen und unsere Idee schnell umsetzten. Dafür war Shopify einfach richtig gut! Wir haben keinen Stress mit den Servern oder dem Hosting und konnten mit einem einfachen Template loslegen.
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Waldemar: Die ersten Produktfotos haben wir in meinem Wohnzimmer gemacht, den Shop aufgesetzt und diesen dann vorerst passwortgeschützt als „Super Secret Shop“ unseren Freunden gezeigt. Am 1. Oktober waren wir live. Anfangs haben wir die Sets alle noch per Hand produziert, Fläschchen abgefüllt und etikettiert. Das war der Horror! Jetzt haben wir zwei Standorte in Hamburg, wo die Spirituosen abgefüllt und gelagert werden, wir Verpackungen erstellen und alles versenden.
Die Über-Uns-Seite wird genutzt, um die Markengeschichte zu erzählen. (So geht's.)
Warum habt ihr euch für Shopify entschieden?
Waldemar: Nachdem wir so viel recherchiert haben und endlich anfangen wollten, war Shopify die beste Lösung, denn das Aufsetzen des Shops ging total einfach. Deswegen haben wir uns auch nach unserem Redesign im November entschieden, auf der Plattform zu bleiben. Anfangs dachten wir, dass wir sicher einen Programmierer einstellen müssten - bis jetzt arbeiten wir noch immer ohne! Wir sind sehr happy, dass alles so einfach funktioniert und umgesetzt werden kann! Einige zusätzliche Features wünschen wir uns noch, aber wenn man im E-Commerce weit kommen möchte, dann kann Shopify dabei sehr gut unterstützen!
Wir werden oft von anderen Start-ups gefragt, was wir empfehlen können und legen denen zu 100% Shopify ans Herz. Shopify ist die beste Lösung, um schnell, sicher und professionell an den Markt zu kommen.
Eure beiden Väter betreiben gemeinsam ein Unternehmen. War der Entschluss zu einem eigenen Start-up deshalb vorauszusehen?
Andreas: Durch meinen Bachelor und einige Praktika habe ich gemerkt, dass ich niemals in einem Konzern arbeiten will. In meinen Master im Entrepreneurship in London wurde ich dann außerdem auf das Unternehmer-Dasein vorbereitet und mir war klar, dass ich irgendetwas starten werde. Damals war nur noch nicht klar, was.
Waldemar: Die Idee selbst Entscheidungen treffen zu können und etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, hat uns schön immer begeistert. Viele Leute fassen den Entschluss und sagen "Ich gründe mein eigenes Unternehmen". Die Verwandten fassen sich dann oft an den Kopf und fürchten das Risiko. Bei uns war das komplett anders.
Als wir sagten, dass wir ein Unternehmen gründen, meinten unsere Väter nur: ‘Na endlich! Hat ja auch lang genug gedauert!’.
Jetzt haben wir Mitarbeiter und Verantwortung. Wenn wir zwölf Stunden arbeiten, wissen wir wofür wir das tun. Auch wenn wir wussten, dass wir selbst Gründer sein wollen, sind wir voll ins kalte Wasser gesprungen. Keine Theorie der Welt kann einen darauf vorbereiten!
Die Drink & Food Branche ist bereits stark besetzt. Wie wird euer Produkt von den Kunden angenommen?
Waldemar: Bei den meisten Spirituosen-Käufern ist es so, dass sie im Supermarkt vorm Regal stehen, mit 100 Gins oder Whiskeys konfrontiert werden und nicht wissen, welchen man wählen sollte. Bei unseren Tasting Sets bekommt man direkt eine Auswahl aus fünf sehr guten Produkten, die in einer hochwertigen Box, mit Magnetverschluss, einem Magazin und tollem Design kommen. Damit heben wir uns schon einmal ab.
Klar, wir haben das Abfüllen von Alkohol in kleine Fläschchen nicht erfunden, aber wir haben eine Experience geschaffen!
Bei unseren Sets kauft man nicht nur eine Box mit kleinen Flaschen, sondern ein Erlebnis. Eine Reise entlang der Seidenstraße auf dem Rücken eines Kamels und fünf exotische Gins mit Aromen, die einen aus dem Sattel werfen werden. Es geht um Storytelling, um Emotionalität und eine visuell ansprechende Aufbereitung. Die Aromen der Spirituosen werden in unserem Shop deutlich auf den großen Produktbildern abgebildet. Dadurch unterscheiden wir uns von allen anderen Spirituosen-Shops.
Unser Shop funktioniert eher wie ein Modemagazin und lässt die Bilder für die Produkte sprechen!
Wir wollten von Anfang an dieses dunkle, schmuddelige Image von Spirituosen loswerden und uns modern, frisch, hell und manchmal bunt präsentieren. Dadurch sprechen wir sehr designbewusste Menschen zwischen 23 und Ende 30 an.
Andreas: Eigentlich haben wir die Produkte für den Eigenbedarf konzeptioniert, aber weil unsere Tasting-Boxen so ansprechend sind, haben sie sich total auf dem Geschenke-Markt positioniert. Die Leute kaufen die Sets nicht für sich, sondern zum Verschenken für andere. Deswegen waren die Käufer im letzten Jahr zu 70 Prozent weiblich. Die Boxen wurden für ihre Freunde, Väter oder Onkel gekauft. Diese kaufen dann wiederum bei uns die Spirituosen aus den Boxen in Originalgröße. Dadurch entsteht eine schöne Segmentierung.
Tastillerys Blog "The Tastillery Times" bringt zusätzliche Besucher auf die Webseite. (Tipps zum Content Marketing gibt's hier.)
Ihr seid 2017 mit euren Probier-Sets bei der Höhle der Löwen aufgetreten. Wie habt ihr euch darauf vorbereitet?
Waldemar: Vor der TV-Ausstrahlung haben wir ein komplettes Redesign gemacht und mit einer Agentur zusammengearbeitet, die unser selbstgestaltetes Template umsetzte. An diesem haben wir so lang gearbeitet, dass wir wirklich erst am Tag der Ausstrahlung, ohne jeglichen Test, damit online gehen konnten.
Andreas: Wir haben zuvor auch mit anderen Start-ups gesprochen, deren Shops am Tag der Ausstrahlung durch viele gleichzeitige Besucher zusammengebrochen sind. Deswegen sprachen wir einige Monate vorher mit Shopify. Uns wurde versichert, dass wir uns keine Gedanken machen müssten und Shopify bis zu 250.000 gleichzeitige Besucher abfangen kann.
Am Tag der Ausstrahlung waren viele tausende Besucher auf unserer Seite und alles hat gehalten. Wir hatten keine Probleme, keine Bugs und nichts ist abgestützt. Das war richtig gut!
Der Deal mit Dagmar Wöhrl kam damals doch nicht zustande. Hatte der Auftritt trotzdem positive Auswirkung?
Andreas: Wir haben uns damals ein pessimistisches Szenario und ein optimistisches Szenario ausgemalt. Wir haben unsere Lagerbestände für das optimistische Szenario vorbereitet und das Lager bis unter die Decke gefüllt. Wir rechneten mit vielleicht 2.000, maximal 5.000 verkauften Sets.
Tatsächlich waren wir durch die Höhle der Löwen innerhalb von 48 Stunden ausverkauft.
Am 6. Dezember mussten wir sogar leider den Verkauf stoppen, weil wir mit der Produktion nicht hinterherkamen. Letztendlich haben wir 15.000 Sets innerhalb weniger Wochen verkauft. Natürlich hatten wir nicht so viel vorproduziert. Deswegen riefen wir die Familie an und standen jedes Wochenende mit 20 Leuten aus Familie und Freunden da, um 1.000 Sets pro Tag zu produzieren.
Waldemar: Die Sendung ist generell super positiv für uns verlaufen. Wir haben dadurch coole Leute kennengelernt und es war eine schöne Erfahrung, vor der Kamera zu stehen. Unser Konzept wurde von einer sehr interessanten Jury positiv bewertet. Wir haben den Deal mit Frau Wöhrl doch abgelehnt, weil wir uns dafür entschieden haben, unabhängig zu bleiben. Trotzdem hat sie uns unterstützt und vertreibt unsere Boxen in ihre Hotelkette. Wir können Sendungen dieser Art nur weiterempfehlen. Es geht nicht nur um die Zuschauer und die Aufmerksamkeit, die man bekommt - auch wenn das ein sehr schöner Bonus ist. Das wichtigste ist, dass man viel lernt, seinen Pitch gut aufbereitet und wertvolles Feedback bekommt. Man kann eine solche Show gut nutzen, um seinen Geschäftsplan zu validieren. Wenn du im Fernsehen bist, weißt du genau, ob die Leute dein Produkt kaufen wollen oder nicht.
Ihr plant die Nutzung der Internet-of-Things-Lösung OrderThis der Otto-Gruppe. Welchen Bereich wollt ihr damit abdecken?
Andreas: OrderThis ist ein Start-up aus Hamburg, das auf uns zugekommen ist und gerade auf dem Markt Fuß fassen will. Wir erarbeiten ein Konzept und überlegen, wie wir ihre Lösung nutzen können, um offline und online zu verbinden. Im Beispiel würde jemand eine Box von uns erhalten, das Handy daranhalten und mit Hilfe eines NFC-Tags sehr schnell auf die einzelnen Produktseiten der Spirituosen gelangen.
Waldemar: Diese NFC-Tags wären der erste Schritt zur Digitalisierung der Box. Momentan ist es eine sehr schöne Box mit einem Magazin und Produktlinks, aber wir würden gern die Interaktivität mit der Box erhöhen und dafür ist diese Technologie gedacht.
Ihr habt außergewöhnliche Marken im Shop. Wie findet ihr neue Spirituosen?
Waldemar: Anfangs war das schwer, weil wir selbst Quereinsteiger waren. Wir haben mit einem Spirituosenberater zusammengearbeitet aber mittlerweile sind wir selbst wie Trüffelschweine und immer auf der Suche nach neuen, guten Produkten. Wir sind oft auf Messen unterwegs und haben ein großes Netzwerk an Barkeepern, die uns die neuesten Trends und besten Spirituosen empfehlen. Wir belesen uns sehr viel und reisen. Ich war vor kurzem in Mexiko und Kalifornien und hab ein paar Flaschen mitgebracht, die es hier noch nicht gibt. Wir nutzen also sehr unterschiedliche Quellen.
Früher sprachen wir auf Messen mit Herstellern und stellten unsere Idee vor. Da wurden wir eher belächelt. Jetzt schicken uns die Produzenten von sich aus Produkt-Samples zu.
Jedes Produkt in unserem Shop, wird im Team verkostet und beurteilt. Erst dann wird es in das Sortiment aufgenommen.
Andreas: Wir haben nicht wie andere Shops 2.000 oder 10.000 Spirituosen im Shop. Wir haben 100 und das auch sehr bewusst. Das Sortiment wächst langsam, denn wir wollen wirklich nur das im Shop haben, was wir auch selbst gut finden.
Waldemar: Mit unserem Tasting Club haben wir zusätzlich ein Abo-Modell geschaffen. Dieser Club ist nur etwas für mutige Genießer. Es gibt jeden Monat eine Box mit drei Spirituosen und einem geheimen Thema. Das ist unser persönlicher Spielplatz, auf dem wir uns austoben können. Dadurch befassen wir uns jeden Monat mit neuen Themen und erweitern automatisch das Sortiment.
So kannst du mit Abo-Commerce die Customer Lifetime Value Steigern.
Was steht bei euch in nächster Zeit auf dem Plan?
Andreas: Wir bringen unsere erste eigene Spirituose heraus - einen kreativen Rum, den es so noch nicht auf dem Markt gibt! Daran arbeiten wir mit einem sehr begabten Destillateur. Außerdem kommt in den nächsten Tagen ein neues Tasting-Set heraus, nämlich die Gin Weltreise mit Gins aus Südafrika, Belgien, Amerika und Co. Im September haben wir das größte Projekt geplant. Da werden wir nach Schottland fliegen, fünf Destillerien besuchen und von diesen die fünf coolsten schottischen Whiskeys aussuchen. Das wird Reisereportage meets Productsourcing! Daraus machen wir eine coole neue Box.
Welche Tipps wollt ihr anderen Start-ups mit auf den Weg geben?
Andreas: Verschwendet nicht zu viel Zeit!
Macht Sachen schnell fertig und bringt sie online. Mit Shopify geht das wirklich einfach!
Waldemar: Überlegt, was eure Stärken und eure Einzigartigkeit sind. Baut euch daraus eine Strategie auf. Macht euch wirklich Gedanken, was das Besondere an dem Produkt ist und wie es sich verkaufen kann. Auch ganz wichtig, seid nicht zu festgefahren. Bei uns war es nicht geplant, dass unsere Boxen zu einem Geschenk-Produkt werden. Trotzdem ist das jetzt ein Hauptteil unseres Geschäfts. Und eins noch: Hände weg vom Vodka Gorbatschow!
Über die Autorin: Caroline Dohrmann ist Online-Marketing-Managerin und Content-Enthusiastin. Wenn sie nicht gerade Shopify-Händlern und Händlerinnen die besten Geheimtipps in Interviews entlockt, schreibt sie im Blog über die Shopify-Community, Social Media und was das Online-Marketing gerade bewegt.
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